Schritt um Schritt setzte ich meinen Weg fort. Ich spürte die Kälte des Regens nicht mehr. Dachte nicht mehr an das warme Bett, dass ich mir am Ende des Weges erhoffte. Längst hatte mein Verstand begriffen, dass auch die nächste Herberge kalt sein würde; dass kein warmer Gedanke über das klamme Bettzeug, das ich mit mir herumschleppte, hinwegtäuschen konnte – und schwieg. Jetzt gab es nur noch mich und den Wind, der an meiner Seele riss. Längst hatte ich aufgegeben ihn stumm anzuschreien und gab ihm immer wieder ein kleines Stück von meinem Mut, damit er mich ziehen ließ. Der Regen dagegen war erbarmungsloser: er fraß sich in meine Haut mit kleinen Schnitten durch Mark und Bein. Müsste ich meine nassen Sachen nicht selbst tragen, hätte ich sie längst ausgezogen. Doch daran dachte ich nicht; ich dachte überhaupt nicht mehr. Denn ich wäre erfroren, würde mein Verstand auf Schutz-Suchen bestehen.

Ich sah auf meine Energieanzeige. Ich kannte die Regeln und wusste, dass ich das vor mir liegende Tal nur mit Laden überbrücken konnte. Beim nächsten Anstieg würde meine Kraft versagen. Doch ich schubste dieses Bild den Abhang hinunter und lauschte hinter mich. Leise klapperte der Anhänger vor sich hin und schlug bei jedem Ungleichgewicht in der Geschwindigkeit auf die Kupplung. Und viel weiter hinten hörte ich das leise rhythmische Schlagen eines Stocks auf Asphalt: Marco. Ich beneidete ihn um die Anstrengung, die vor ihm lag. Er würde wieder schieben müssen und seine Muskeln würden dadurch wieder Wärme erzeugen. Ein Schauer zog mir über den Rücken. Ich wollte noch ein Schritt schneller fahren, doch meine Finger gehorchten mir schon lange nicht mehr und meine Angst, Marco in dieser felsigen Einöde zu verlieren, ließ mich stehen bleiben. Dabei fiel mein Blick auf meine Brandblasen. Keine drei Tage war es her, als die Sonne so sehr brannte, dass sie mir den ganzen Handrücken versengte. Eine Ewigkeit, schien es.

„Soll ich vor dir gehen?“ Ich nickte und ließ ihn vorbei. Ich wusste, dass es nicht wahr war, doch ich wollte mir einreden, dass dann der Wind nicht mehr so stark war. Es hatte etwas Tröstliches, seine orange Jacke vor mir auf und ab wippen zu sehen. Wir hatten beide leuchtende Farben angezogen, damit die Autos uns sahen. Leider hielt sie das nicht davon ab, mit konstanter Geschwindigkeit weiter zu rasen. Doch wir wussten, dass wir damit alles in unserer Macht Stehende getan hatten. Ich versuchte das Meer zwischen den Bäumen auszumachen. Laut Karte sollten wir ganz in der Nähe sein, doch außer dem steilen Abhang rechts und dem schroffen Felsen links sah man nichts als Eukalyptusbäume. Sie ließen diese Gegend noch trostloser aussehen, da kein Busch oder Baum unter ihrem Regiment stehen blieb. Denn sie entzogen allen die Grundlage: Wasser. Ich schaute blinzelnd in den Regen und setzte meinen Weg fort, den leiser werdenden Schlägen des Pilgerstabs hinterher:
Schritt um Schritt.
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